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Einblick in eine der Herausforderungen: »TraumKuh«_ Projektfach „Herausforderung“

(Diesen Inhalt gibt es leider noch nicht in leichter Sprache. Wir arbeiten gerade daran.)

Am 16.10.18 ab 17 Uhr präsentieren die Schüler_innen des 10. Jahrganges ihre Herausforderungen in der UniverSaale im Campus Herausforderung.

In einer Pause können Eltern der 9. und 10. Jahrgänge ins Gespräch kommen können.

Dass im Leben nicht alles nach Plan läuft, Dinge schief gehen und Probleme auch bei der besten Vorbereitung auftauchen können, ist eine Erfahrung, die vor niemandem Halt macht. Und das ist auch gut so, denn auch im Misserfolg liegt großes Lernpotential. Diese Erfahrung ist einer der Lernprozesse, die das Projektfach »Herausforderung« an der Freien Gesamtschule UniverSaale durch Praxiserfahrung vermitteln will. Bereits im vierten Jahr wurden die 10.-Klässler zu Beginn des Schuljahres in die Welt geschickt, um individuelle Herausforderungs-Projekte zu meistern.

Lotte, Selma und Malou setzten sich in den Zug nach Hohenkirchen. Sie wollten ihre Grenzen im Friesischen finden und überwinden. Für die Reise sollten ihnen á 150 € zur Verfügung stehen und dafür mussten sie etwas tun. Sie sammelten Leergut. »Davon ist in der Schule schon genug zu finden.«, lacht Malou, sie verkauften Crepés und halfen bei Gartenarbeiten.

Lottes Ziel war ein Bauernhof auf dem Kühe im Focus stehen. Selma und Malou hingegen wollten erfahren wie geistig behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene wohnen und leben und was sie wohl dort zur Gemeinschaft beitragen könnten. Selmas Befürchtung, dass schon die Zugfahrt schief laufen könnte bestätigte sich nicht. Denn sie sah in der Planung sowie Vorbereitung der Reise die erste Herausforderung. Malou beschäftigte im Vorfeld sehr: « Wie gehe ich mit Behinderten um? Und wie bewegen wir drei uns im Miteinander«. Für Lotte brauchte es besonders Energie »Alles zu kombinieren, was da hieß: Trennung von Familie und Freund, gemeinsam mit den zwei Mädels wohnen, und richtig arbeiten.«

Planen, packen, organisieren und los…

Ganz unterschiedliche Erfahrungen sammelten die drei in ihren zwei sehr unterschiedlichen Herausforderungsprojekten. »TraumKuh«

Auf dem Bauernhof erlebte Lotte das Landleben mit ca. 90 Kühen. Man denkt sofort an Hund und Katz und langsamer tickende Uhren. Der Alltag fühlte sich etwas anders an. Da hieß es ausmisten, Kühe treiben, Traktor fahren und vieles mehr. Die erste Hürde – an den Kühen dicht vorbei zu laufen – nahm Lotte recht schnell, aber zum Landleben gehörte so viel mehr und auch der Tod. Ein sehr nachhaltig bewegendes Erlebnis war für Lotte ein verstorbenes Kälbchen auf der Weide zu verladen und abzutransportieren. »Ich wollte an meine Grenzen gehen, und das tat ich dort auch.«, nickt sie.

Sie durfte dort auf der Weide Traktor und Auto fahren. »Das war cool. Auf die Frage bist du schon Auto gefahren sagte ich einfach ja.«. Eigenständig waren täglich viele wiederkehrende Aufgaben zu erledigen.

»Ich musste die Boxen der Kälbchen ausmisten. Das war grenzwärtig. Mir war schlecht. Der Geruch war echt ekelhaft, aber als ich das geschafft hatte fühlte ich mich gut.«, lächelt Lotte. Eine Dusche war nach all den beißenden Gerüchen und Tätigkeiten die Belohnung des Tages – Lottes Ausgleich. Die zwei Bauersleut hatten keine Scheu, den Hof mal für zwei Tage an Lotte, Selma, Malou und den benachbarten Melker zu übergeben. Mit dem Nachbarn und ihren Mädels rockte sie es und kann sehr stolz auf sich sein. »Die drei Wochen haben mich verändert.« sagt meine Mam, erzählt sie. »ich wasche auch jeden Tag ab und räume das Haus auf.«

Bei den Traumfängern waren Selma und Malou. Sie fragten sich im Vorfeld auf wen sie wohl treffen werden und wie sie sich wohl in den drei Wochen einbringen könnten. Ihr Wunsch erfüllte sich – den Bewohner_innen des Wohnhauses der Traumfänger und sich eine schöne Zeit schenken. Die Traumfänger bieten im Wohnhaus Landeswarfen mit 27 Unterkünften ein Heim für schwer- und schwerstbehinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Der erste Tag des Kennenlernens – der Umgebung und der Menschen – berührte sie sehr. »Im Wohnhaus empfing uns eine sehr schöne Atmosphäre.«, berichteten die zwei. »Die Mitarbeiter_innen waren nett und immer für uns da.« Ihre Aufgaben waren vielfaltig, vor allem sollten sie einfach für die Bewohner_innen da sein. Das war gar nicht so einfach.

Was heißt Beschäftigung oder nur da sein mit ihnen unbekannten Menschen und deren ganz individuellen Vorrausetzungen und Geschichten? Beschäftigung fanden sie heraus hieß sich auf die täglich wiederholenden Rituale einlassen. « Wir spielten die immer selben Spiele«, sagt Selma. »Wir waren mit ihnen in einem Raum und ohne Auftrag. Wir mussten selbst herausfinden wie wir die Zeit füllen oder aushalten.«, erzählt Malou. Auf Unvorhergesehenes wie Aggressivität, spucken, kneifen, beißen oder unverhofftes aus dem Raum rennen mussten sie sich einstellen und lernten zu regieren.

Sie überwanden ihre Unsicherheit, gaben ihrer Spontanität eine echte Chance und wuchsen daran. Sie erlebten die Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit – und die Frage, wie sie es b.z.w. sie sich so empfinden im Vergleich zu anderen, was sie denken und fühlen – wird wohl weitestgehend unbeantwortet bleiben.

Allabendlich feierten die drei ihre Teilerfolge in ihrer gemeinsamen Wohnung mit einer Dusche, einem feinen gemeinsam gekochten Essen, vielen Gesprächen oder einfach mal auf der Couch abhängen.

Selma kann die Führsorge seither zu Hause wieder schätzen und erzählt: « Ich finde es voll Luxus zu Hause zu wohnen und den Teller einfach stehen zu lassen. Aber ich fühle mich damit nicht mehr wohl und räume es selbst weg.«

Dann wünschen wir nachhaltiges Wirken der Erfahrungen.

Ein tolles Feedback der Heimleitung wollen wir nicht vorenthalten:

»Malou und Selma sind zwei vorbildliche Schülerinnen. Das Projekt, mit dem Auftrag über seine Grenzen zu gehen, haben die zwei noch sehr jungen Damen vorbildlich gemeistert. Wir alle waren sehr positiv überrascht wie erwachsen die jungen Damen schon sind. Im Umgang mit unseren zum Teil schwerstmehrfachbehinderten Bewohnern haben beide ein hohes Maß an Empathie und Fachlichkeit gezeigt. Beide kamen immer pünktlich, motiviert und lächelnd in den Betrieb.Wir sind schon fast ein wenig traurig, dass die zwei uns schon wieder verlassen.«

»Ein großes Lob an Ihre Schule, denn das sind Projekte, die die Schüler reifen lassen.« schreibt Ramona Perl, Heimleitung, Traumfänger GmbH

veröffentlicht am 27. September 2018